Emigration und Exil von Wissenschaftlern und Ingenieuren 1930-1950


Entwurzelung





Da ein konstantes kulturelles Bezugssystem als wesentliche Voraussetzung für eine „stabile“ soziale Identitätsentwicklung gilt, kann Migration ein problematisches Lebensereignis darstellen, das erhebliche Auswirkungen auf die Psyche eines Menschen hat. Diese negativen Konsequenzen werden häufig mit der Metapher (kulturelle, soziale, ethnische) „Entwurzelung“ bezeichnet. Entwurzelung bedeutet, dass etwas seine Wurzeln verliert oder dass man etwas oder jemandem seine Wurzeln nimmt. Z.B. kann ein Sturm Bäume entwurzeln. Es gibt immer wieder Situationen, wo Menschen entwurzelt werden. Sie werden vertrieben aus ihrer Heimat. Menschen flüchten vor Gewalt. Menschen müssen ihr Zuhause verlassen. Menschen werden verstoßen von ihren Eltern. All das gibt es und all das kann Menschen entwurzeln. Gute Wurzeln zu haben gibt einem Men-schen, Stabilität, lässt einen Menschen erblühen und wachsen. Aber viele Menschen haben entweder noch nie solche Wurzeln gehabt oder sind entwurzelt worden. Bei Menschen, die eine solche Entwurzelung erfahren haben, ist es wichtig, dass sie neue Stabilität bekommen, damit sie eine gewisse Sicherheit bekommen. Als historisches Beispiel nehmen wir der französisch-deutsche Schriftsteller Georges-Arthur Goldschmidt. In seinem Buch "Vom Nachexil" beschwört er noch einmal sein Lebensthema: Das Trauma der Entwurzelung. Im Alter von zehn Jahren musste er 1938 seine deutsche Heimat verlassen, genauer: Die Eltern schickten ihn und den Bruder nach Frankreich in Sicherheit. In all seinen Büchern schreibt der französisch-deutsche Schriftsteller Georges-Arthur Goldschmidt vom Trauma der Entwurzelung, vom Heimatverlust. „Wer einmal ins Exil getrieben wurde, kommt lebenslang nicht mehr davon ab.“ Ganz ähnlich lautet ein zentraler Satz in Jean Amérys 1966 erschienenem Buch Jenseits von Schuld und Sühne: „Wer gefoltert wurde, bleibt gefoltert.“ Man wird das nie mehr los.

Negative Konnotationen: Exil, Verbannung, Auswanderung

Positive Konnotationen: Freiheit, Unabhängigkeit, Ungebundenheit

Lit.: Exil, Entwurzelung, Hybridität, Exilforschung. Ein Internationales Jahrbuch 27 (München 2009);
Entwurzelungen : Flucht, Migration, Vertreibung, Exil, Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtsgeschichte 72 (November 2017)
Hans Kohn: Der Roman des Entwurzelten (Georg Hermann)
Hannah Arendt: We Refugees (1943), in dt. Übers. in H. Arendt: Wir Flüchtlinge, Stuttgart 2016, online verfügbar unter https://amroali.com/2017/04/refugees-essay-hannah-arendt/ unter https://archive.org/download/hannah_arendt_we_refugees/hannah_arendt_we_refugees_text.pdf
Erster globaler UNICEF-Report zu Flucht und Migration von Kindern , Zusammenfassung zentraler Ergebnisse
https://www.copernico.eu/de/ausstellungen/zu-hause-und-doch-fremd-vom-umgang-mit-entwurzelung-und-heimatverlust-am-beispiel-schlesien
https://www.derstandard.at/story/2000123520205/mit-der-deutschheit-verwachsen-ueber-heimwehsprache-und-exil
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_bekannter_deutschsprachiger_Emigranten_und_Exilanten_(1933%E2%80%931945)#Literatur_zum_Thema
http://www.lexikus.de/bibliothek/Juden-in-der-deutschen-Literatur/Roman-des-Entwurzelten-von-Hans-Kohn

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