Die Märklin-Eisenbahn – vom Spielzeug zum Beruf

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Herr Höschele erzählt eine Geschichte von seinem Lieblingsspielzeug – der Märklin-Eisenbahn, die bis jetzt sein jüngerer Bruder besitzt. Diese Eisenbahn stellte sich in dem Interview als Schlüssel bzw. als Zugang zu seinen Erinnerungen an die Kindheit und die Jugend dar.

10.01.2013; 9:25–9:50

Schröder:
"Wie groß war dann später die Eisenbahn? Oder wie groß ist sie heute?"

Höschele:
"Ähhhh. Bei meinem Bruder, der hat sie ergänzt, die isch riesengroß, dere tut en ganzen Raum damit fülle, ne. Und in der Zwischenzeit hab i meine Enkel natürlich schon en Haufen anderer Eisenbahne scho gkauft. Isch ja klar."

Bubenova:
"Und wer hat euch das gekauft?"

Höschele:
"Der Onkel."

Herr Höschele ist sichtlich stolz auf die Entwicklung der Eisenbahnanlage, deren Grundstein der Onkel legte.

10.01.2013; 9:57–10:45

Höschele:
"Des gab‘s zu Weihnachten, ja. (Pause)"

Schröder:
"Und wie lang hat man dann damit gespielt? Also wo habt ihr das vor allem hingestellt, weil das ja nicht klein ist."

Höschele:
"Die ganze Weihnachtszeit und Schulferien ne, und na isch wieder abgebaut worde und Oschterferie wieder aufgebaut worde und wieder abgebaut und dann wieder zur nächschten Weihnachtszeit isch wieder aufgebaut worde. Also ständig erweitert. Mit dem wenige selbst verdiente Geld und des interessante war, wenn me jedes mal, ähh, des von selber aufbaut ohne Plan, na braucht man seine Verstand dazu und des war das interessante und jedes mal ich, ähh, ware des andere Variante. [kurze Pause] Des war super. Und na alles aufm Bode, ne?"

Das Spielen mit der Eisenbahnanlage war eine Hauptbeschäftigung für die Brüder in der Ferienzeit. Was Herr Höschele besonders stolz betont, ist der Aufbau der Anlage ohne jegliche Anleitung. Er erwähnt mehrmals in dem Interview, wie spannend das für ihn und seine Brüder war, offenbar brachten diese Änderungen Abwechslung.

10.01.2013; 12:29–12:41

Höschele:
"Und i wollt das für meine Kinder und net für mich. Wegen mir, wegen mir hätt ich des dem net weggenomme, ne. Aber die alte Spielzeug wollt i eigentlich meine Kinder zukommen lasse, weil die hats ja teilweise nimmer gegebe, ne."

Herr Höschele scheint vom Spielspaß sehr überzeugt zu sein und will die Eisenbahn auch seinen Kindern schenken, vielleicht auch die eigenen Jugenderinnerungen zurückholen und weitergeben.

10. 01. 2013; 21:44–22:10

Höschele:
"Der Aufbau isch der größte Reiz, wie´s funktioniert. Des isch spannend. Des die Eigeninitiative, des Kreative, nachher wenn das alles funktioniert hat, dann isch es nach null-acht-fuffzehn, lässt man das paar Mal laufe und isch immer das Gleiche, ne. des ghört eigentlich wieder umgebaut, ne. Und des han i au gmacht, i han öfters umgbaut, de Strecke na anders glegt und na Weiche anders angeordnet und Bahnhof verstellt […]."

Herr Höschele macht noch einmal deutlich, was ihm am meisten Spaß gemacht hat. Es war nicht das Fahrenlassen der Züge, sondern der Aufbau. Im ganzen Interview betont er immer mal wieder, wie wichtig Kreativität beziehungsweise das Ausleben der Kreativität ist.

10.01.2013; 24:38–25:00

Höschele:
"Haja, dass i damit gespielt han, das auf jeden Fall. Des sind schon Jugenderinnerungen. Und dass ich´s mit großer Entbehrung gekauft hab. Und für die Junge heute isch selbstverständlich, dass ma alles kauft. [Pause] Bei mir hats net mei Mudder gkauft oder Verwandte. Sondern i han die Anlage erweitert, selber aufgbaut und zusammengbaut."

Offenbar verbindet Herr Höschele einige Jugenderinnerungen mit der Eisenbahn. Er hat sein ganzes Geld in die Erweiterung der Eisenbahnanlage investiert, weshalb sie ihm besonders in Erinnerung bleibt. Er scheint davon überzeugt zu sein, dass der finanzielle Aufwand früher größer war und sich die Jugend heute mehr leisten kann. Im Erwachsenenalter überließ er die Anlage dem jüngeren Bruder. Er schrieb sich alles auf, was er gekauft hatte und später hat er die Eisenbahn seinen Kindern und die dann ihren Enkelkindern weitergegeben, und damit auch einen Teil seiner Erinnerungen.

10.01.2013; 10:57–11:20

Höschele:
"Und da isch au der erste Zutritt zu Elektrotechnik entstande, ne. Mit sieben, acht, neun, zehn Jahre und usw. und sofort. I han mit der Eisenbahn gspielt bis (pff) bis i 17 war. Oder alle au meine zwei Brüder. [Pause] Und dann hat‘s ähh, mein jüngschter Bruder übernomme und mir war des zu blöd [lacht laut]."

Herr Höschele geht davon aus, dass das Spielen mit der Eisenbahn der erste Zutritt zur Elektrotechnik war, interessant ist, dass auch seine Brüder in der Elektrotechnik tätig waren.

Herr Höschele erzählte gerne von der Eisenbahn, es schien uns, als sei die Eisenbahn mit positiven Erinnerungen verknüpft.

10.01.2013; 5:30–5:53

Höschele:
"Die Bälle. Die Bälle hamer uns selber gemacht. Diiiie [dehnt das i], die Schläuche von de Fahrräder, wenn die kaputt ware, die ham mer net weggeworfe, sondern da hat man ne Schere genomme und wenn des der Schlauch war [zeigt mit der Hand], lauter so breite ungefähr Gummi abgeschnitte, zack, zack, zack, zack, zack und die alle übereinander, des gibt a wunderschönen Ball. Hopfball, net wie heute kaufe."

Herr Höschele, der im Zweiten Weltkrieg in einer armen Familie aufgewachsen ist, hatte keine große Auswahl an Spielzeug. Meistens waren es selbstgebastelte Bälle, Boote oder Panzer.

10.01.2013; 5:58–7:48

Höschele:
"Ah ja [Pause] uund, und ähh, wir sind natürlich je später, wo es dann Carbit gäbbe hat, Carbit zum Schweiße, wenn die Handwerker [Pause] zum Gas machen, da hat man früher Carbit genomme net so wie heute, ne. Und und da ware immer Reschte übrig von Carbit, des häm mer, krrr [...]. Guck bei Handwerker, wenn die des den Abfall rausgeholt hän, na häm mer des gefragt oder au gklaut, ne. Und, da häm mer schöne Holzbretter, so große Holzbretter, genomme, a bissle zugerichtet und zugesägt und dann des Carbit in de Flasche nein, ne und de Korke druf und Wasser dazu [lacht] und dann schnell auf des Holzbrett gestellt und dann de Fluss abwärts [alle lachen] dreibe lasse und irgendwann war der Druck dann so groß [Pause] Boofffff [lacht, räuspert sich] [Pause] Ja, oder ähh teilweise ham mer unsere, unsere [...], mir ham Panzer gebaut. Von, von der Mudder die Nähmaschinenrolle, a Gummi durch und auf der anderen Seit feschtmachen mit äm Streichholz und, ähh, auf der, ähh, eine isch so kurz, dass de Gummi net sich abwickelt und auf der anderen Seite dann an, an, an größere Stecken nei, ne, dass, es, dass es auf’m Boden bleibt. Und wenn man dann, dann hat mer de Gummi aufgezogen und na isch des vor allen Dingen, wenn man krank war im Bett. Na hat man en Panzer ghabt. Mir hän noch die Rollen, dass se net glatt war, Kerben nei gmacht, na isch die überall hochklettert. Wenn ma na Fieber gehabt hat, na wars einem langweilig. Na hat man dann mit so ne Panzer gespielt, ne."

Aus Resten wurde Spielzeug gebastelt. Herr Höschele erzählt das mit Begeisterung. Es scheint ihnen eigentlich nicht an Spielzeug gemangelt zu haben. Unser Eindruck war, dass er Stolz darauf ist, wie er und viele andere Kinder ihre Spielzeuge selbst gebastelt haben; er erinnerte sich offensichtlich gerne daran. Da die alleinerziehende Witwe mit drei Kindern keine Möglichkeit hatte, sie mit Spielzeug zu verwöhnen, baute sich Herr Höschele sein eigenes Spielzeug. Die Eisenbahn war für ihn und seine Brüder ein Heiligtum, das bis jetzt aufbewahrt und über zwei Generationen weitergegeben wurde.

 

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Letzte Änderung: 29.04.13 - DO