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Aluminium·Duralumin·Metallografie

Metallografie

Das Gefüge - Gegenstand der Metallografie
Materialprüfung vor der Metallografie
Grundlegung durch Sorby, Martens und Heyn
Der Beitrag zum Zeppelin
Fallbeispiel: Duralumingefüge

Das Gefüge - Gegenstand der Metallografie

Metallische Festkörper setzen sich aus einer Vielzahl kleiner Einkristalle zusammen, die unterschiedlich orientiert aneinander stoßen. Ihre Anordnung wird als Gefüge bezeichnet und ist für die technisch relevanten Eigenschaften eines Stoffes von entscheidender Bedeutung.
Die Beschaffenheit des Gefüges in einem Stück Metall hängt aber nicht allein von dessen chemischer Zusammensetzung, sondern in größerem Maße noch von der Art der zu seiner Herstellung angewandten Verfahren ab. So können sich geometrisch und augenscheinlich vollkommen identische Werkstücke aus ein und dem selben Werkstoff in ihrer Festigkeit um ein Vielfaches unterscheiden.

Materialprüfung vor der Metallografie

Obwohl aus dieser Zeit keine konkreten Überlieferungen über die Werkstoffprüfung vorliegen, legt die Qualität metallischer Erzeugnisse des Altertums doch die Existenz verschiedener Methoden zur Beurteilung von Materialien und Verfahren nahe. Als Wissenschaft nach heutigem Verständnis etablierte sich die Beschäftigung mit Metallen und deren Eigenschaften freilich erst im 16. und 17. Jahrhundert. Zwei grundlegende Methoden dieser Zeit, denen auch heute noch eine große Bedeutung zukommt, sind Bruchprobe und Ätztechnik.

Bruchprobe

Die schriftlichen Zeugnisse der Bruchprüfung reichen bis ins Jahr 1540 zurück. Damals diente sie der Beurteilung von Gusserzeugnissen aus Zinn, Bronze und Eisen. Ab dem 17. Jahrhundert war dieses Prüfverfahren zudem Ausgangspunkt erster Überlegungen zum strukturellen Aufbau der Metalle. Eine Einsicht in das Gefüge oder gar die Kristallstruktur ermöglichten diese Untersuchungen allerdings kaum, da sie mit bloßem Auge erfolgten.

Ätztechnik


geätzte Klinge aus Damaszener-Stahl
Die Ursprünge der Ätztechnik reichen bis in die Antike zurück, auch wenn sie anfänglich vor allem dekorativen Zwecken diente. So loben viele Schriftstücke die kunstvollen Muster damastgeschweißter Schwertklingen, die durch das Ätzen der unterschiedlich harten Stahl- und Eisenschichten entstanden. Als Ätzmittel kamen unter anderem Essig, Zitronensaft, verschiedene Aluminium- und Quecksilbersalze und teilweise auch Salpetersäure zum Einsatz. Gesicherte Erkenntnisse über den Einsatz der Ätztechnik zur Beurteilung der Qualität liegen allerdings erst ab dem Jahre 1762 vor. Die Anwendung beschränkte sich jedoch zumeist auf die Unterscheidung verschiedener Stahlsorten auf Grundlage ihrer Härte.

Grundlegung der Metallografie durch Sorby, Martens und Heyn

Führere mikroskopische Untersuchungen

Der erste Sichtung des kristallinen Gefüges bei einem Metall gelang Widmannstätten im Zuge der Untersuchung von Meteoriten mit Hilfe einer Lupe. Später sollte sich die fortan als „widmannstättisches Gefüge“ bezeichnete Anordnung in feinerer Form auch in vielen Stählen wieder finden. Widmannstättens Forschung inspirierte in der Folge viele Wissenschaftler, unter ihnen auch Sorby und Martens.

Henry Clifton Sorby (1826-1908)

Das Vermögen seiner Eltern versetzte Sorby in die glückliche Lage, als Privatgelehrter und Autodidakt auf nahezu jedem Gebiet aufwendige Forschungen betreiben zu können. Getrieben von der Überzeugung, dass das Mikroskop das universelle Instrument aller Wissenschaften sei, machte er sich zunächst mit der Untersuchung von Gesteinsproben einen Namen. So gilt er heute als Erfinder der Petrografie.
Etwa im Jahre 1863 wandte er sich dann auch den Metallen und hier insbesondere Stahl- Eisenschliffen zu. Dabei gelang ihm die Entdeckung und fotografische Abbildung der Gefügebestandteile Perlit, Ferrit und Graphit. Während seine Instrumente grundsätzlich eine bis zu 200-fache Vergrößerung erlaubten, erreichte er in seinen Fotografien keine Vergrößerungen von mehr als 9:1. Dies und die Tatsache, dass er die Ergebnisse seiner metallografischen Forschungen in einer lediglich regional verbreiteten Fachzeitschrift mit kleiner Auflage publizierte, brachten ihm kaum Beachtung ein.

Adolf Martens (1850-1914)

Als der deut- sche Ingenieur Martens 1877 seine For- schungen am metallischen Gefüge auf-nahm, waren ihm Sorbys Arbeiten auf diesem Gebiet nicht bekannt. Im Zuge seiner Untersuchungen wurde ihm bald klar, dass ihm ab einem gewissen Punkt technische Beschränkungen auferlegt waren. Zu deren Überwindung konstruierte er eine Reihe von (Foto-)Mikroskopen, sodass er schließlich mit Vergrößerungen von 200:1 fotografieren und seine Beobachtungen mit bis zu 800:1 machen konnte.
Seine zahlreichen Veröffentlichungen erregten großes Aufsehen in ganz Europa und etablierten die Metallografie als eigenständige Wissenschaft. Selbst Sorby wurde durch sie zur Wiederaufnahme seiner metallografischen Bemühungen inspiriert.


Emil Heyn (1867-1922)

Der deutsche Eisenhüttenkundler und Materialprüfer Emil Heyn führte die Arbeit Adolf Martens' fort, indem er sowohl die Methoden als auch die Gerätschaften zur Gefügeuntersuchung weiter verbesserte. Er erfasste viele weitere Metalle und Legierungen in einer Vielzahl unterschiedlichster Bearbeitungszustände.
Mehr als alle anderen vor ihm richtete er sein Augenmerk zudem auf die Vermittlung metallografischer Inhalte in der universitären Lehre. Vor allem seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass seit den 1920ern das Metallgefüge fester Bestandteil jeder Ingieursausbildung ist.



Der Beitrag zum Zeppelin

Die Gerippe der großen Zeppeline bestanden zum überwiegenden Teil aus Duralumin. Die Entwicklung tauglicher Herstellungsverfahren und der gewinnbringende Einsatz für das damals neue Material wurden überhaupt erst durch die Kenntnis seines mikroskopischen Aufbaus und Gefüges ermöglicht. Nicht ohne Grund lobt Ludwig Dürr die Metallografie 1924 als „Verfahren zur Klärung sonst kaum verständlicher Brucherscheinungen“ im Zuge seiner Versuchsreihen zur Belastbarkeit von Trägerkonstruktionen.

Fallbeispiel: Duralumingefüge


Gefüge einer Duraluminprobe (94% Al, 5,5% Cu, 0,5% Mg):
Die Al₂Cu- und Al₅Cu₂Mg₂-Ausscheidungen unterbrechen die Gleitebenen der Aluminiumstruktur und erhöhen so die Festigkeit. Gleichzeitig sinkt die Korrosionsbeständigkeit, weil sich keine lückenlose Oxidschicht bilden kann.
reines AluminiumAl₂CuAl₅Cu₂Mg₂

Grundstoff Aluminium

Reines Aluminium ist für tragende Strukturen kaum geeignet, da es aufgrund seiner Kristallstruktur leicht zum Abgleiten kommt. Seine Zugfestigkeit liegt mit ca. 49 MPa entsprechend niedrig.
Gleitbewegungen lassen sich behindern, indem man die regelmäßige Kristallstruktur unterbricht. Das geschieht bei Duralumin durch Beimischen eines geringen Anteils anderer Metalle – das Aluminium wird legiert und die Zugfestigkeit so mehr als verzehnfacht (bis zu 500 MPa).

Das Gefüge von Duralumin

Im flüssigen Zustand sind Legierungen homogene Lösungen verschiedener Metalle. Beim Abkühlen sinkt die Löslichkeit der Bestandteile. Das Gemisch wird schließlich heterogen und es bilden sich Phasen, deren Anordnung Gefüge genannt wird.
Duralumin enthält neben einigen Zusätzen vor allem die elementaren Bestandteile Aluminium (Al), Kupfer (Cu) und Magnesium (Mg). Im Gefüge liegen diese hauptsächlich in folgenden chemischen Verbindungen (Komponenten) vor: Al₂Cu und Al₅Cu₂Mg₂ sind im festen Zustand in Aluminium nicht löslich. Sie werden deshalb beim Erkalten aus den Aluminiumkristallen gedrückt. Man spricht von Seigerungen oder Ausscheidungen, die die gewünschte Unterbrechung der ansonsten gleichmäßigen Kristallstruktur bewirken.

Duraluminverarbeitung in der Praxis

Bei der formgebenden Verarbeitung von Duralumin ist seine hohe Festigkeit eher hinderlich. Man kühlt die Schmelze deshalb so schnell ab, dass sich zunächst keine Phasen bilden können. Die übersättigte Lösung bleibt homogen und verhältnismäßig leicht verformbar. Die Ausscheidung geschieht bei Raumtemperatur deutlich verlangsamt, sodass das Zeitfenster für die Bearbeitung relativ groß ist.
Ist das Werkstück in Form, wird der Aushärtungsprozess durch erneutes Erhitzen und mehrstündiges Glühen bei 155 - 170°C beschleunigt (Warmauslagern). Alternativ kann es auch bei ca. 20°C einige Tage gelagert werden (Kaltauslagern).
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