„Käpselespischtolen“

Marke der Zeit Reparatur Farbfernsehen „Käpselespischtolen“ Resümee Fragenkatalog

Im Zuge des Gespräches erzählte Herr Zimmermann von einem besonderen Fernseherlebnis:

14.01.2013; 15:05–15:12 Uhr

Zimmermann:
"War Dieter Borsche, ganz Deutschland war natürlich erzürnt, dass der des am Tag vorher sagt. Dann hat trotzdem jeder davor gehockt, weil jeder wollt ja auch wissen, ob des auch stimmt, was der gesagt hat, dieser Spielverderber. Nä, aber es war im Prinzip ein Spielverderber. Da hat man sich wirklich drüber unterhalten. Und jetzt haben Sie ja im allerersten Gespräch ja gesagt, hinter jeder Geschichte steht ?ne Geschichte. So, und jetz isch dann die Frage, inwieweit hat Fernsehen einen beeinflusst. Wir haben dann irgendwann mal Kommissar und Mörder usw. nachgespielt. Vier, fünf von unsren Kumpels sind an dem Tag schon aufm Sportplatz gewesen, ham ma gsagt, jetzt machen wir mal Detektiv usw. Dann war halt einer der Detektiv, einer wurde erschossen und wer war der Mörder? [Zeigt auf sich] [Gelächter] Ich war der Mörder. Weil Sie immer sagen, hinter jeder Geschichte steht ?ne Geschichte, des ist die Geschichte. Das war am Fasching, du bisch draußen rum, die meisten waren Cowboy und Indianer und jeder war, wollte lieber Cowboy sein, und da gab’s diese kleinen Käpselespischtolen, des waren diese kleinen Runden, da hat man drufgemacht, da hat’s Peng gemacht."

Lehnhoff:
"Die kennt man noch."

Zimmermann:
"Und dann war’s des dann."

Augenstein und Lehnhoff:
"Ja, ja."

Zimmermann:
"Und jetzt war ich einer von denjenigen, die noch so ein, zwei Rollen übrig hatten vom Fasching. [hebt erwartungsvoll die Stimme] [Gelächter] Bin zwar kein Schwabe aber trotzdem, ned alles verballern. Und jetzt ham wir tatsächlich des gemacht, war’n vier oder fünf Leute. Einer der hat sich dann rumdreht oder sowas und dann hab ich ihn von hinten erschossen. [Gelächter Lehnhoff] Ich muss im Nachhinein sagen, bei der Vernehmung, ich hab mich nicht wohlgefühlt. [Gelächter] Ich kann mich noch wirklich erinnern, es wollte’n anderer der Mörder sein und der wo dann erschossen wurde, der hatte mich auch nicht gesehen. Weil den irgendwo hat er dann gesagt, ich hab den wirklich nicht gesehen. Und dann hat der Inschpektor mich verhört und noch einen anderen und noch einen und noch einen, weil so zu dritt, viert sind wir so bissle in so’n Gebüsch da rein und der Polizischt stand draußen, die Leiche war dann irgendwo drin, aber ich hab’n erschossen, denn es war ja schließlich meine Pistole. Aber ich hab mich während der Vernehmung nicht wohlgefühlt. [Gelächter]
Also so viel auch da zu den moralischen äh Dingen. Die man immer als Kind irgendwo, man schießt nicht auf jemanden, man richtet keine Pistole auf jemanden. […]
Also das war der, und ich hab mich also anschließend bei der Vernehmung wirklich nicht wohlgefühlt, also nicht wohlgefühlt. Wie die mich da vernommen, wer der Mörder war und wer von uns dreien da in Frage kommt. Mein Freund wollte der Inschpektor sein, ich war der Mörder und die anderen zwei haben halt so getan als ob sie auch irgendwie. Also, des isch so viel, so viel die Story, die dahintersteht. Man hat dann was gemacht, was man im Fernsehen irgendwo gesehen und erlebt hat. Hat’s dann irgendwo nachgespielt."

Angesprochen auf das Programm erinnerte sich vor allem Herr Zimmermann an zahlreiche Begebenheiten, welche mit den dargestellten Inhalten und dem Vorgang des Ansehens nur indirekt zu tun hatten. Zwar gab es auch „historische Fernsehereignisse“ wie etwa die Kämpfe Muhammad Alis (Cassius Clay), die von beiden Interviewpartnern als wichtige Fakten erwähnt wurden und somit eine mögliche kollektive Erinnerung widerspiegeln. Als eine sehr persönliche Episode schilderte Herr Zimmermann das gemeinsame Nachspielen eines im Fernsehen gezeigten Kriminalfilmes mit Freunden. Die Vorlage für dieses „Krimi-Spiel“ lieferte der Sechsteiler „Das Halstuch“ von Francis Durbridge, der im Januar 1962 gezeigt wurde und sich beim Fernsehpublikum größter Beliebtheit erfreute. Eine weitere Anekdote aus Herrn Zimmermanns Kindheit betraf ein Fußballspiel und eine darauf abgeschlossene Wette, deren Einsatz er noch zur Laufzeit im Bett erhielt. Im Wesentlichen entpuppte sich somit die Erinnerung an das Fernsehprogramm mehr als Tür zu weiteren, persönlicheren Erinnerungen, während Schilderungen der eigentlichen Inhalte meist ausblieben.

 

Marke der Zeit Reparatur Farbfernsehen „Käpselespischtolen“ Resümee Fragenkatalog

Letzte Änderung: 29.04.13 - DO