Speiende Vögel, zerstampfte Knochen. Das Untere Wasserwerk in Schwetzingen und die Spuren seiner Nutzung

Projektseminar im Sommersemester 2018

Dozentin: Dr. Julia Zons

Das Projektseminar, das in Zusammenarbeit mit Peter Müller vom Institut für Maschinenelemente der Universität Stuttgart und Erika Érsek vom Karlsruher Institut für Technologie in Karlsruhe abgehalten wurde, folgte dem Akteur Wasser ausgehend vom Unteren Wasserwerk des Schwetzinger Schlossgartens. Nicht nur wurden dort seit dem 18. Jahrhundert die Wasserräder des Werkes und damit die im Wasserwerk angesiedelten Pumpen vom Wasser des Leimbachs angetrieben, auch zahlreiche der installierten Wasserspiele wurden von ihnen gespeist. Dazu wurde das Wasser in Hochbehälter gepumpt und dann mittels Schwerkraft über einen künstlichen Aquädukt, in dem sich Wasserleitungen versteckten, zu den Fontänen, Kastellen und Skulpturen des Gartens geleitet. Diese Inszenierung von natürlichem Spektakel diente der Überraschung der Zuschauer durch Überlistung der Sinne in Form einer künstlichen Natur.

Das Seminar gliederte sich in drei Teile: Der erste Teil bestand in einer interdisziplinären theoretischen Annäherung an das Thema. Kleingruppen aus geistes- und ingenieurwissenschaftlichen Studierenden erarbeiteten Themenfelder, denen sie sich bis zur Beendigung des Seminars in vielfältiger Weise widmeten. Im zweiten Teil erfolgten zwei Exkursionen zum Unteren Wasserwerk. Die erste führte uns jedoch nicht an den realen Ort selbst, sondern in dessen virtuelles Pendant in der 3D-Cave des Fraunhofer Instituts in Stuttgart-Vaihingen. Die Studierenden ‚begingen‘ das Wasserwerk also zunächst zwar ohne die haptischen und olfaktorischen Eindrücke der historischen Wirkungsstätte, konnten sich aber etwa in den engen Schacht der Pumpanlage hineinbewegen, über Löcher im Boden laufen und sich somit den Maschinenteilen der Anlage auf eine Weise nähern, die im Realraum nicht möglich war. Ein Abgleich mit diesen Eindrücken konnte auf der zweiten Exkursion vorgenommen werden, die wir zusammen mit Michael Hascher vom Landesamt für Denkmalpflege, sowie der zuständigen Projektleiterin Martina Herrmann für das Sanierungsprojekt des Unteren Wasserwerks unternahmen. Die Studierenden der unterschiedlichen Arbeitsgruppen (Wasserräder, von den Rädern zusätzlich angetriebene Knochenmühle, Wasserkastell, Aquädukt, Wasserspiel „speiende Vögel“) befassten sich dabei auf unterschiedliche Weise mit ihren Themen und Objekten. Ziel des Seminars war nämlich Teil 3: eine Vitrinenausstellung an der Universität Stuttgart. Am Ende des Semesters bestückten wir drei Vitrinen mit den Ergebnissen des Projektseminars. Zwei flache Vitrinen enthielten eine fotografische Dokumentation des gesamten Projektablaufs sowie historische Pläne, Bücher und weitere Dokumente über das Untere Wasserwerk und die Spuren seiner Nutzung. Eine hohe und große Vitrine folgte den Spuren des Wassers ausgehend vom Unteren Wasserwerk anhand eines schematischen Plans der Gartenanlage und zeigte mit einer von Fäden gezogenen Verweisstruktur auf die erforschten Objekte. Zu sehen waren der Aquädukt des Schlossgartens, der digital modelliert und im Anschluss als 3D-Druck gefertigt und dann (ganz analog) bemalt wurde, ein in einen Holzrahmen eingefügtes fotografisches Halbpanorama der „speienden Vögel“ und die schematische Darstellung der Raumaufteilung des Wasserwerks durch gefräste und ineinandergesteckte Plexiglasscheiben samt zugeschnittener hölzerner Wasserräder und einer Knochenpoche, die die Raumdimensionen des Werkes widergaben und somit einen Eindruck von den Höhen- und Tiefendimensionen visualisierten. Unterstützt wurden die Artefakte durch Fotografien und Texttafeln, die hängend über den Objekten befestigt wurden.  Bei der Vernissage der Ausstellung hielten die Studierendengruppen Vorträge über die von ihnen bearbeiteten Bereiche des Wasserensembles. Ein Film, der auf einem großen Bildschirm während der Vernissage gezeigt wurde, versammelte zusätzlich die Eindrücke des gesamten Seminars.

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